14. Oktober 2018

Der Weg über die Radikalisierung zum Extremismus

Der Weg über die Radikalisierung zum Extremismus
Ein komplexes Thema zusammengefasst

Radikalisierung beschreibt einen Weg, einen Prozess – beginnend bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen – der sich je nach Entwicklung zuspitzen kann; aber nicht muss!

ExpertInnen beschreiben das beispielsweise als „Fließband“, auf das in der Entwicklung immer mehr Probleme gelegt werden, oder auch als „Treppe“, wo man durch zunehmende Defizite immer höher steigt oder auch als „Dreieck“, das unten breit beginnt und sich durch verschiedene Brüche im Leben immer mehr zuspitzt.

Kompakt heißt das

  1. Radikalisierung ist immer individuell;
  2. der Prozess endet nicht automatisch im Extremismus;
  3. die Gründe sind vielfältig und spannen sich über Themen wie Soziales, Bildung, Sicherheit, Kind-, Jugend und Familie- und Gesundheit und sind am besten
  4. über interdisziplinäre Zugänge zu bewältigen.

Rechtsextremismus und Islamismus

Wenn wir von Extremismus als letzte, höchste oder verengte Stufe reden, dann sprechen wir von Rechtsextremismus und | oder von Islamismus.

Beide Extremismen bedingen sich gegenseitig, d.h. radikaler Islamismus und organisierte Muslimfeindlichkeit, der unter anderem in der Gestalt von Rechtsextremismus auftritt, entfalten eine symbiotische Wirkung.

Beide negieren und demontieren demokratische Grundwerte wie die Unantastbarkeit der Menschenwürde und die Religionsfreiheit. Mehr noch: Rassismus gegen MuslimInnen bereitet den Boden für die Radikalisierung durch islamistische Fundamentalisten.

Nach Magnus Ranstorp: Gewalttätiger Extremismus kann am besten begrifflich erklärt werden als ein Kaleidoskop von Faktoren, die unzählige individuelle Kombinationen bilden.

1) indivduelle sozio-psychologische Faktoren;
2) soziale Faktoren;
3) politische Faktoren;
4) ideologische und religiöse Dimensionen;
5) die Rolle der Kultur und Identitätsthemen;
6) Trauma und andere Triggermechanismen

und drei weitere Faktoren, die ein Motor für die Radikalisierung sind:

7) Gruppendynamik;
8) Radikalisierer | Rattenfänger und
9) die Rolle von Social Media.

Es ist das kombinierte Zusammenspiel von einigen dieser Faktoren, welches gewalttätigen Extremismus verursacht.

Es muss somit darum gehen, eine Sensibilisierung für das strategische Vorgehen beider Seiten zu entwickeln, um reflektiert intervenieren zu können. Denn wer sich nur auf eine Seite konzentriert, „verkennt die Gefahr, die europäischen Gesellschaften dadurch droht, dass sich Dschihadisten und Extremisten am rechten Ende des Spektrums gegenseitig hochschaukeln“.

Verstehen wir also Islamismus und Rechtsextremismus als zwei Seiten von Menschen- und Demokratiefeindlichkeit, muss eine Interventions- und Präventionspraxis beide Phänomene in Bezug nehmen und den Kreislauf einer Verfestigung geschlossener Weltbilder durchbrechen.

Radikalisierungsmechanismen sind ein Produkt des Zusammenspiels zwischen „push- und pull-Faktoren“ zwischen den Individuen. Es ist wichtig zu erkennen, dass es verschiedene Grade und Geschwindigkeiten des Radikalisierungsprozesses gibt.

Die Push-Faktoren involvieren soziale, politische und wirtschaftliche Missstände, ein Gefühl der Ungerechtigkeit und Diskriminierung, persönliche Krisen und Tragödien, Frustration, Entfremdung, eine Faszination für Gewalt, das Suchen nach Antworten für den Sinn des Lebens, eine Identitätskrise, soziale Ausgrenzung, Marginalisierung, Unzufriedenheit mit demokratischen Prozessen, Polarisierung etc.

Die Pull-Faktoren sind eine persönliche Suche, ein Gefühl zu einem Grund, einer Ideologie oder einem sozialen Netzwerk zu gehören, Macht und Kontrolle, ein Gefühl von Loyalität und Commitment, ein Gefühl von Aufregung und Abenteuer, eine romantisierte Ansicht von Ideologie und Grund, die Möglichkeit zum Heldentum, persönliche Erlösung, etc.

Zusammengefasst bedeutet das:
Wer Demokratie und das friedliche Zusammenleben von Menschen unterschiedlicher Herkunft in Europa bewahren will, braucht einen Präventionsansatz, der den Zusammenhang zwischen allen Formen der Radikalisierung versteht.

Beide Seiten müssen zusammengedacht werden, um die Prozesse wechselseitiger Radikalisierung und gesellschaftlicher Polarisierung zu stoppen!

Dazu zwei Angebote:

a) absolut | extrem | radikal: was ist problematisch?
Handlungssicherheit statt Handlungsohnmacht
Ein Ganztages-Seminar für MultiplikatorInnen! Oft kommt es in der praktischen Arbeit darauf an, die „Kippstellen“ von „problematischen“ Positionierungen zu identifizieren: An welcher Stelle „kippt“ eine legitime Position in eine ideologische, wo wird aus einer Kritik eine Abwertung, ein Feindbild oder sogar eine Straftat?

b) Der 7. Österreichische Präventionskongress „Prävention und Qualität – Zwei unverzichtbare Erfolgsfaktoren für unsere Zukunft“
am 12. und 13. November 2018 in Graz; www.praeventionskongress.at