Juli 29, 2021 11:21 am

Warum habt ihr mich nicht gerettet?

17 x Mord! – 17 x zu spät!

Die kommenden Zeilen widme ich den siebzehn im 2021 getöteten bzw. ermordeten Frauen: zeigen wir diesen Frauen unseren gemeinsamen Respekt!

„Warum habt ihr mich nicht gerettet?“ So oder so ähnlich würde uns jede einzelne der siebzehn im Jahr 2021 ermordeten Frauen fragen; wenn sie könnten!

Ich bin überzeugt, dass tausende Frauen, die ebenfalls tagtäglich Gewalt in ihren Beziehungen erfahren, sich und uns die Frage stellen: „Warum rettet ihr mich nicht?“

In meinen 41 Jahren als Polizist blickte ich hinter die Kulissen des Lebens und was ich dort an Gewalt sah, hörte und spürte, war für mich so einschneidend, dass ich vor 35 Jahren begann, Gewaltprävention zu leben; für mehr Gewaltfreiheit und mehr Lebensqualität!

Für diese Gewaltopfer würde ich mir wünschen …

  1. dass für die Medien diese getöteten Frauen nicht nur als „Schlagzeilen-Objekt“ dienen, sondern sie der Gewaltprävention zumindest die gleiche Wertigkeit in ihrer Berichterstattung einräumen und
  2. die Politik diesen Gewalttaten nicht nur „Schlagzeilen-Lösungen“ folgen lassen, sondern sie langfristige, wirksame und nachhaltige gewaltpräventive Ansätze zur Lösung von Gewaltursachen anstreben!

Von professioneller, wirksamer und nachhaltiger Gewaltprävention ist im Juli 2021 wieder kein Gedanke, kein Wort und – wie in den letzten 35 Jahren und zehn Bundesregierungen – keine Förderung erkennbar.

Diese siebzehn Frauen selbst können kein Zeugnis mehr ablegen, über ihre Erniedrigungen, ihre Ängste, ihre körperlichen und seelischen Qualen, ihre Isolation, ihre Ohnmacht und – davon bin ich überzeugt – ihre Hoffnungen, diesem gewaltgetränkten und brutalen Leben entfliehen zu können.

Sie haben es nicht geschafft! 

Nicht geschafft vor allem deshalb, weil es für „das Entstehen von Gewalt“ und für „Gewalt, die wir nicht zu Gesicht bekommen“ in Österreich nach wie vor kein Interesse, kein Verständnis und keine ideelle und finanzielle Unterstützung gibt.

Diese siebzehn Frauen sind nicht nur Opfer von gewalttätigen Männern geworden, sie sind auch Opfer einer ignoranten und beschämenden Haltung von EntscheidungsträgerInnen gegenüber den Entstehungsursachen von Gewalt geworden.

Günther Ebenschweiger