10. Mai 2024

Mein erster Suizidversuch mit 8

Nach meinem letzten Training hat mich wieder ein Brief erreicht, der motivierend, aber gleichzeitig erschütternd ist: 

„Lieber Günther,

ich fand den Workshop sehr übersichtlich und hilfreich für unsere ganze Klasse. Die Klassengemeinschaft wurde eindeutig gestärkt, alle sind viel offener miteinander als zuvor, aber ich denke, es ist auch so, weil man jetzt Bescheid weiß, dass jeder eigentlich jeden mag! Konflikte sind nur durch Missverständnisse und Misskommunikation entstanden. Mir haben die Lobbriefe deswegen so gefallen. Ich hatte nie die Ahnung, dass mich Leute wirklich mögen können und fühl mich motivierter, immer besser zu werden. Früher wurde ich immer ausgeschlossen und gemobbt. Es ist einfach in meinem Kopf eingraviert, dass mich jeder heimlich nicht mag/hasst.

Damals, als ich noch in die Volksschule ging, war mein erster Suizidversuch mit 8. Ich habe versucht mich zu erhängen, aber es funktionierte einfach nicht. Später habe ich versucht, mich mit einem Schal zu erwürgen, doch eine Freundin fand mich und ich habe aufgehört. Das war alles nur wegen des Mobbings. Ich wurde ignoriert, ausgeschlossen, jegliche Namen genannt, bekam Kommentare über meine Herkunft und mein Aussehen, und keiner glaubte, dass ich jemals in eine gute Schule reinkommen würde.

In den letzten Jahren wurde es noch schlimmer und ich entwickelte fast eine Essstörung. Ich konnte nur da raus kommen wegen meinen Freunden und meiner Selbstreflexion. Es gibt vieles mehr was mir passiert ist -> sexuelle Gewalt, Diskriminierung, häusliche Gewalt, Selbstverletzung usw. Trotzdem habe ich gekämpft und es ist ein Wunder, dass ich noch lebe. Ich versuche jetzt, jedem zu helfen, weil mir damals keiner außer mein eigener Wille geholfen hat.“

Es ist unendlich traurig, dass es Kinder und Jugendliche mit solchen Lebensgeschichten gibt. Traurig ist es aber auch, dass die Politik noch immer nicht erkennt, wie wichtig die Unterstützung der Kinder beim gesunden, sicheren und lebenswerten Aufwachsen ist. Vielleicht sollte ich die Briefe in Zukunft weiterleiten…

LG Günther