18. Oktober 2024

Ein kleines Quäntchen Chance auf Realität?

Diese Woche traf ich einen Politiker, der mir nach der Begrüßung von seinem neuen Interventionsprojekt vorschwärmte und mir auch sofort eine Zahl nannte, wie viele Jugendliche bisher erreicht werden konnten.

Ich wollte nicht unhöflich sein und habe daher auch nicht darauf geantwortet, denn wenn es um die psychische Gesundheit, die emotionale Betroffenheit oder schon um Gedanken zum Tod geht, sagen Zahlen über die Wirkung des Programms nichts aus.

Vor ein paar Jahren wurde ich seitens der Politik gebeten, in einer „Brennpunktschule“ mit den Jugendlichen zum Thema Radikalisierung zu arbeiten. Kaum war ich mit dem ersten Durchgang fertig, wurde ich angerufen und gefragt: „Hr. Ebenschweiger, wie viele Jugendliche haben Sie de-radikalisiert?“ Ich habe geantwortet: „Es geht nicht um eine Zahl, sondern um meine Professionalität, um bei den Jugendlichen zum Beispiel durch emotionale Berührung, einen Perspektivenwechsel zu schaffen. 

Das war offenbar die „falsche“ Antwort, denn ich wurde nie mehr zu meinem Einsatz gefragt und so habe ich über meine mehrere Jahre dauernden Erfahrungen ein Reflexionsschreiben an die zuständige Stelle verfasst; und das war’s dann auch schon.

Mein Wunsch für Österreich ist eine Politik, die komplexe Themen im Gesundheits-, Sicherheits-, Sozial-, Bildungs- und Kinder- und Familienbereich nicht nach Ideologien und Parteiräson bewertet und fördert, sondern durch unabhängige Expertinnen und Experten lösen lässt.

Ich frage mich, ist das eine Illusion, eine Utopie oder hat dieser Wunsch in Österreich zumindest ein kleines Quäntchen Chance Realität zu werden?

LG Günther