16. November 2024

Unsichtbare Gewalt

„Warum bist du geblieben?“ ist oft die Frage an Frauen, die Gewalt in der Beziehung erlebt haben. Diese Frauen hatten sicherlich oft den Gedanken sich zu trennen, doch sie sind geblieben. Die Gründe dafür sind vielschichtig: Sie hoffen, dass es aufhört; sie schämen sich, sie versuchen die Kinder zu schützen, sie werden vom sozialen Umfeld allein gelassen, sie haben Angst, sie fürchten sich davor, getötet zu werden …!

Zum Thema patriarchale Gewalt – 82 Prozent der Gewalttäter sind männlich – muss man aber auch wissen, dass nur rund 15 Prozent aller von Gewalt betroffenen Frauen eine Anzeige erstatten und nur sieben Prozent, wenn es sich um sexualisierte Gewalt handelt; d.h., diese Gewalt ist unsichtbar. Sichtbar wird sie leider in der Öffentlichkeit und durch die Medien erst dann, wenn es zu Tötungsdelikten gekommen ist.

Ich werde noch im November eine Ausstellung zu diesem Thema miteröffnen und dann auch im Dezember als Keynote Speaker einen Aktionstag eröffnen und ich werde dabei nicht nur auf die Frauen, sondern auch auf die Kinder als Opfer eingehen, denn das Miterleben von elterlicher Gewalt gehören zu den wichtigsten Risikofaktoren für die Entwicklung von multiplen psychischen und somatischen Erkrankungen im Erwachsenenalter. 

Österreich muss daher ein neues Verständnis dafür entwickeln, dass es neben der Intervention für sichtbare Opfer auch eine wirksame Gewaltprävention für die unsichtbare Gewalt an Frauen und Kinder durch Aufklärung, Motivation und Ermutigung der Familien und des sozialen Umfeldes braucht.

Philomena Strasser hat sich viele Jahre mit den Kindern als Opfer beschäftigt und sie schreibt in ihrem Buch „Kinder legen Zeugnis ab“ folgendes Zitat: „Er hat sie dann auf den Boden geworfen, hat sich auf sie draufgesetzt und hat sie gewürgt und so. Die Mutter ist fast blau angelaufen. Ich bin auf dem Bett gesessen und habe ganz laut geschrien: Hör auf! Und einmal habe ich ihn sogar geschlagen mit der Hand, aber nicht zu fest, weil fester habe ich mich nicht getraut, – so mit der Hand auf den Rücken, so: Hör auf Papa!“ (Daniela, heute erwachsen).

LG Günther