Vor einigen Tagen erzählte mir ein Freund eine Geschichte und fragte mich um meine Meinung. Es handelte sich bei dieser Erzählung vermutlich um Korruption und ich riet ihm, diese Geschehnisse seinem Rechtsanwalt zu melden und dieser soll anonym eine Anzeige erstatten.

Auf seine Frage „Warum anonym?“ erklärte ich ihm, dass nach dem Spruch „Wer die Wahrheit benennt, ist schuldig!“ er unter Umständen von seinem Umfeld als „Petzer“ dargestellt wird und eine solche Situation erleben viele Menschen.

Du bist „schuldig“ und „petzt“, wenn du erzählst, dass ein Mann seine Frau schlägt, dass Eltern ihre Kinder schlagen oder vernachlässigen, dass Kinder sexuell missbraucht werden, dass ein:e Mitarbeiter:in jemanden sexuell belästigt oder mobbt, dass ein Kind was kaputt gemacht hat, uvm.

Um in meiner präventiven Arbeit Kinder nicht zu „Schuldigen“ werden zu lassen, baue ich Vertrauen bei den Kindern auf und dann starte ich beispielsweise mit der Frage „Unsere Erwartungen an unsere Klasse?“, um im Anschluss mit der anonymen Frage „Wie geht es mir, wie fühle ich mich in dieser Klasse“ mit den Noten 1-5 die emotionale Befindlichkeit der Schüler:innen zu erfahren.

Jetzt gibt es eine weitere anonyme Frage „Bitte schreibe mir, warum du die Note 1, 2, 3, 4 oder 5 gegeben hast und du hast das Recht auch Namen zu schreiben“. Jetzt erfahre ich in allen Einzelheiten den prosozialen oder dissozialen Stand von Schüler:innen und der Klasse.

Als weiteren Schritt skaliere ich die Nennungen und frage die Klasse „Wie ich das verstehen kann?“, dass es beispielsweise Schüler:innen gibt, die sich mit dem Hitlergruß begrüßen, die rassistisch sind, die jemanden mobben, die sexuelle Übergriffe begehen uvm. Jetzt erzählen mir die Kinder und Jugendlichen mit oder ohne Namen viele „Geschichten“ rund um die Klasse, weil ich es bin, der die Wahrheit als erster benannt hat.

Ein passender Spruch lautet auch: „Wer die Wahrheit sagt, braucht ein schnelles Pferd!“ und daher ist mir wichtig zwar die Wahrheit zu erfahren, aber es darf kein Kind zur:m Schuldigen werden oder „fliehen“ müssen!

LG Günther