Der Klassen- oder ICH-Vertrag

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In vielen Schulen sehe ich Regeln in Klassen, die einmal erarbeitet oder bestimmt wurden. Viele Regelwerke beginnen mit „WIR“, manche sind bunt und präsent und einige hängen offenbar schon länger unscheinbar an der Wand.

Gerade zu Schulbeginn wäre jetzt ein Klassenvertrag gegen Störungen in der Klasse von Vorteil. Ich nenne diesen Klassenvertrag auch „ICH-Vertrag“, weil das Wort „WIR“ ein verantwortungsdiffuser Begriff ist, der niemand konkret anspricht oder verpflichtet.

Bei meinem zweitägigen „Achtung-Mobbing“-Training habe ich mit den Schüler:innen über die Menschenrechte, das Verhalten und die Störungen in der Klasse und dass es körperliche, seelische, verbale und sexualisierte Gewalt gibt, gesprochen.

In einer Gruppenarbeit ersuche ich sie nun, alles aufzuschreiben, welches Verhalten in dieser Klasse nicht bzw. nicht mehr vorkommen soll und gebe ihnen die erforderliche Zeit auch gemeinsam darüber zu diskutieren.

Die erarbeiteten unerwünschten Verhalten werden von mir danach auf einem Flipchart gesammelt und skaliert, d.h., wenn Verhalten, wie zum Beispiel „beleidigen“, „mobben“, „ausschließen“ öfter vorkommt, bekommen diese Verhalten jedes Mal eine weitere Markierung; von mir ein Stricherl.

Das ist deshalb wichtig, um erkennen zu können, welche Verhalten von vielen oder sogar allen Gruppen unerwünscht sind.

Jetzt wird gemeinsam mit der Klassenvorständin, dem Klassenvorstand, der Klassen- oder Ich-Vertrag auf einem Flipchart erstellt und die Schüler:innen ersucht, diesen auch zu unterschreiben; was bis auf einzelne Ausnahmen auch alle tun.

Dieser Vertrag sollte jetzt prominent in der Klasse aufgehängt und präsentiert werden und nachbesprochen werden.

Damit dieser Klassenvertrag auch wirkt, braucht es danach folgende Schritte:

  1. Alle Pädagog:innen sind zu ersuchen, bei ihrem Unterricht diesen Klassenvertrag auch zu berücksichtigen;
  2. jede Woche sollte ein Schwerpunkt mit einem einzelnen Verhalten als „Wochenklassenregel“ gesetzt werden, das kann auch in unterschiedlichen Fächern erfolgen; wichtig ist hier die Kooperation der einzelnen Pädagog:innen untereinander;
  3. die Einhaltung durch die Klasse muss mit einem Anreizsystem belohnt werden. Auch hier würde ich im Sinne von Partizipation eine Gruppenarbeit machen und die Schüler:innen bitten, alles aufzuschreiben, was sie sich für einen störungsfrei(er)en Unterricht wünschen würden und schauen, ob sich daraus in der Realität was umsetzen lässt;
  4. für die Nichteinhalten der selbst erarbeiteten Klassenregeln braucht es ziemlich sicher auch Konsequenzen. Auch hier rate ich zu einer Gruppenarbeit, um die Vorschläge der Schüler:innen zu erfragen und diese dann mit der Klasse und insbesondere mit den rechtlichen Vorgaben abzustimmen und
  5. ich schlage immer auch vor, den Klassenvertrag zu dokumentieren, beispielsweise zu fotografieren, den Eltern beispielsweise per schoolfox zu schicken und sie in das Klassengeschehen einzubeziehen.

Der gemeinsam erstellte Klassen- oder ICH-Vertrag mit dem Schwerpunkt Anreizsystem, begleitend mit einem Sanktionssystem, ist eine sehr wirksame Methode, um gemeinsam die Verhaltensstörungen zu reduzieren und eine prosoziale Wertehaltung und Gruppendynamik zu erreichen und zu erhalten.

LG Günther Ebenschweiger