Einträge ins Klassenbuch
Bei diesem Thema beginne ich mit zwei Beispielen und das erste Beispiel erlebte ich in einer Oberstufe eines Gymnasiums.
Der Unterricht startet um 07:30, die Professorin und ich sowie 15 von 23 Schüler:innen waren da; doch wo war der Rest? Die Professorin erklärte mir, dass einige Schüler:innen zu spät kämen und das sah dann so aus: „Klopfen, eintreten, entschuldigen, Platz nehmen, kurz noch mit der:m Sitznachbar:in austauschen.
Der letzte Schüler kam um ca. 10:30 Uhr und das sah so aus: „Klopfen, erscheinen, er hielt sein Smartphone und ein Getränk in den Händen und sagte „Halloo!“ Lachen in der Klasse und bevor der Schüler zu seinem Platz geht, noch ein Hinweis an die Professorin: „Bitte vergessen Sie nicht, meine 36. Klassenbucheintragung zu machen!“
Das zweite Beispiel in einer Mittelschule. Ich arbeite präventiv mit einer 1. Klasse, die nicht zu „bändigen“ ist. Am Ende des 2. Tages sagt die Schulsozialarbeiterin zu mir: „Wenn du Zeit hast, könntest du noch in einer 4. Klasse arbeiten. Weil meiner Selbstwirksamkeit in dieser Klasse praktisch null ist, gehe ich nicht mehr hin und nur dass du das auch weißt, in dieser Klasse gibt es einen Schüler mit 96 Klassenbucheintragungen.
Klassenbucheintragungen – sofern es das gibt – brauchen, um wirksam zu werden, wie ich es nenne, ein Anreizsystem, um sich die Eintragung wieder löschen zu können. Wenn die Eintragungen nicht „abgearbeitet“ werden können, führen sie zu einem Freibrief, noch mehr als bisher stören zu können, weil mir außer einer schlechten Betragens-Eintragung im Zeugnis quasi eh nichts mehr passieren kann.
Sehr oft erlebe ich, dass diese „schwierigen“ Schüler:innen dann in den Pausen in der Nähe des Konferenzzimmers sitzen müssen. Nicht nur, dass das eine persönliche Stigmatisierung ist, ist der Lehr- und Lerneffekt und ein Kompetenzzuwachs praktisch null.
An dieser Stelle noch eine Erkenntnis: Anreizsysteme sind wirksamer als Sanktionssysteme, allerdings braucht es für Klassen-Anreizsysteme eine partizipative Mitarbeit in Form von Gruppenarbeiten und Kreativität für die Umsetzung.
LG Günther