26. November 2020

An Gewalt zugrunde gehen, …

… denn Unterstützung gibt es erst, wenn Du Opfer geworden sind!

Ich habe heuer mit weiteren fünf ExpertInnen – wir sind drei Frauen und drei Männer – mit einem exzellenten Gewaltpräventions-Projekt an einer österreichweiten Ausschreibung – die Fördermittel wurden von der Bundesregierung zur Verfügung gestellt – teilgenommen; das Projekt wurde ohne nähere Begründung nicht gefördert! (wir versuchen es jetzt über eine EU-Förderung!)

Gerade jetzt ist wieder in allen Medien von Gewalt gegen Frauen die Rede und ich frage mich – wie in den letzten Jahrzehnten –, wann beginnt auch in Österreich jemand die Gewalt gegen Frauen und Kindern durch Prävention zu verhindern und nicht erst dann Hilfe und Unterstützung anzubieten, wenn Frauen und Kinder schon Jahre- und jahrzehntelang Opfer dieser Gewalt geworden sind.

Gro Harlem Brundtland, hat als Generaldirektorin der WHO 2003 folgendes geschrieben:

„Viele Menschen suchen Sicherheit hinter verschlossenen Türen und Fenstern und meiden gefährliche Orte. Andere haben keine Fluchtmöglichkeit. Die Gewaltgefährdung lauert hinter diesen Türen, gut verborgen vor den Augen der Öffentlichkeit.

Diese Tatsache fordert uns aber auch in vieler Hinsicht heraus. Sie zwingt uns, unsere Vorstellungen dessen, was akzeptabel und bequem ist, ebenso zu hinterfragen wie unsere Überzeugung, Gewalttaten seien eine interne Familienangelegenheit, eine individuelle Wahl oder eine unvermeidbare Seite des Lebens. 

In vielen Forschungen klingt immer wieder durch, wie wichtig es ist, Gewalt von vornherein zu verhüten. Selbst geringfügige Investitionen können hier großen und anhaltenden Nutzen bringen, doch nur, wenn die politische und gesellschaftliche Akzeptanz dafür vorhanden und die Bemühungen von einer ganzen Bandbreite von Partnern im öffentlichen und privaten Zusammenhang unterstützt werden.

Die Public Health (Gesundheitsförderung) hat in den letzten Jahrzehnten bemerkenswerte Erfolge erzielt, vor allem konnten zahlreiche Kinderkrankheiten erfolgreich eingedämmt werden. 

Doch die Public Health würde versagen, wenn sie die Menschen vor diesen Krankheiten rettete, nur um sie später zu Gewaltopfern werden zu lassen und sie an der von lntimpartnern ausgehenden Gewalt zugrunde gehen zu sehen.“

Es will einfach nicht in meinen Kopf, dass immer erst bei schon bestehender Gewalt, Frauen (und auch Kindern) Hilfe und Unterstützung angeboten wird. Das bedeutet immenses Leid für tausende Frauen und – nach einer Schweizer Studie – rund zwei Milliarden Euro an jährlichem Schaden.

Mein Wunsch!

Ich würde mir wünschen, wenn in Österreich die EntscheidungsträgerInnen den Worten von Gro Harlem Brundtland folgen würden und mit professioneller, nachhaltiger und wirksamer Prävention, Frauen nicht erst an der von Intimpartnern ausgehenden Gewalt zugrunde gehen lassen, bevor es – wenn dann noch der Mut dieser Frauen reicht – Hilfe gibt!

LG
Günther Ebenschweiger