9. April 2022

Die Ohrfeige

Wenn eine rote Linie überschritten wird

Die Ohrfeige bei der Oskar-Verleihung 2022 ist nach wie vor Gesprächsthema. Auch bei meinen Trainings zu Gewaltprävention sind Ohrfeigen – oft auch `Watschen´, `Fotzen´, oder `Gnackwatschn´ genannt – ein präsentes Thema bei Kindern und Jugendlichen. Was nicht „Thema“ ist – auch nicht bei der Oskar-Verleihung – sind „Späße“ und damit im Hintergrund passierende sexualisierte oder verbale Gewalt, (Belästigungen und Beleidigungen), sowie Unterdrückung, Isolation, Ausschluss, Demütigung, Misshandlung, Kränkung, u.v.m. Kinder und Jugendliche sagen mir bei vielem was passiert: „Herr Ebenschweiger, das ist nur Spaß!“ Sie sagen das deshalb, weil in einer Gruppe besondere Regeln gelten und die Kinder, Jugendlichen und Teilnehmer*innen sicherlich eines „gelernt“ haben: „wenn ich meine Betroffenheit zeige, vielleicht sogar weine, dann werde ich erst recht fertig gemacht, gedemütigt oder es wird über mich gelästert“.

Im Kontext meiner Arbeit heißt das, dass „Spaß“ nichts anderes als eine Coping-, also eine Bewältigungsstrategie ist, um – wie mir das dann die Kinder und Jugendlichen sagen – nicht noch mehr am Herzen oder an der Seele verletzt zu werden. Die Ohrfeige ist Gewalt, genauso wie Unterdrückung, Isolation, Ausschluss, Demütigung, Misshandlung, Kränkung usw. Gewalt wiegt – wie ich aus meiner langjährigen Erfahrung weiß – vielfach schwerer und kann zu langfristigen kognitiven, emotionalen und persönlichen Schädigungen führen. Daher muss es für körperliche und seelische Gewalt und Misshandlung – sowohl für den „Ohrfeiger“, als auch für den „Beleidiger, Demütiger, Belästiger“ – Konsequenzen geben, denn in beiden Fällen wird ganz klar eine rote Linie überschritten.

Liebe Grüße,

Günther