12. Juni 2022

Gänsehaut pur

Ich bin mit meiner Gattin Maria auf Einladung von einer Charity-Veranstaltung. Zu fortgeschrittener Stunde kommt eine – wie ich später erfahre – 73jährige Frau auf mich zu und sagt: „Herr Ebenschweiger, ich weiß gar nicht, wie ich es ausdrücken soll, aber ich finde ihre Arbeit zum Schutz der Kinder so wichtig! Sie werden sich nicht mehr daran erinnern können, aber ich war schon einmal bei einem Diskussionsabend, an dem Sie über das Thema „sexualisierte Gewalt“ und konkret über „sexuellen Missbrauch“ informiert und wir dann ausführlich diskutiert haben. An diesem Abend sah ich plötzlich sehr real meinen Onkel wieder vor mir, ich konnte ihn riechen und seine Hände, die mich berührten, fühlen und in allen Einzelheiten sehen. In diesem Moment wusste ich das erste Mal nach 70 Jahren, dass mich dieser Onkel mit drei Jahren missbraucht hat.“

Jetzt war es still zwischen uns beiden, die Frau weinte, dann trat sie einen Schritt nach vor und umarmte mich. Nach einer Weile sprach sie weiter: „Ich war zuerst geschockt und wie gelähmt und trotzdem war ich irgendwie erleichtert und ich konnte noch am Abend zuhause das erste Mal meinem Mann alles erzählen. Dieses Erlebnis hat mich so erleichtert, dass ich heute gut darüber reden kann!“ Ich danke Ihnen für Ihr Engagement für die Kinder und dass Sie dazu beigetragen haben, dass ich mich an etwas, was in mir offenbar tief verschüttet gewesen war und mich – und da bin ich mir ganz sicher, seit meiner Kindheit unbewusst belastet hat – erinnern konnte; ich danke Ihnen aus ganzem Herzen!“

Liebe Grüße,

Günther