14. August 2022

Leidensdruck

Die beiden letzten Postings habe ich dem Thema „Erziehungsstile“ gewidmet. Beim Laissez-Faire-Stil gibt es kaum Kindesorientierung, wenig Regeln und kaum Konsequenzen, das heißt: Kinder beginnen von klein auf ihr „Territorium“ abzustecken und zu verteidigen. Damit beginnt oft ein enormer Leidensdruck der Eltern – das belegt folgendes Beispiel sehr gut:

Ein Sozialtraining in einer Oberstufenklasse eines Gymnasiums: Am ersten Tag verlief alles wie „gewohnt“, es gab ein „klassisches“ Mobbingopfer. Der zweite Tag verlief anders als sonst: am Vormittag wurde es plötzlich auffallend still. Ein Mädchen stand auf und sagte: „Herr Ebenschweiger, die Klasse will mit Ihnen über ein Thema reden – alle Mädchen werden von einem Buben aus der Klasse sexuell belästigt!“

Ich habe dann die Klasse gebeten, mir anonym „Wunschbriefe“ zu schreiben und konnte so das Ausmaß der sexuellen Belästigung erahnen. Am Tag darauf kam es zum Gespräch mit der Mutter des mobbenden Sohnes. Am Anfang schob sie noch den Mädchen „die Schuld in die Schuhe“, letztlich erzählte sie weinend, dass sie ihrem Sohn alles erlaubt hätte, ihm alles „durchgehen“ ließ und sich nicht mit seinen Bedürfnissen auseinandergesetzt hätte. Der Leidensdruck war mittlerweile enorm. Eines habe ich gelernt: Nach einer so langen Zeit ist eine Verbesserung der Situation nur mehr mit Expert:innen möglich. Daher plädiere ich von klein auf für einen autoritativen Erziehungsstil, damit es – auf beiden Seiten – zu keinem Leidensweg und Leidensdruck kommt!

Bei meiner Zusammenarbeit mit Dr. Jürgen Schmetz konnte ich lernen, dass Kinder, wenn sie was nicht dürfen, oder zu wenig Aufmerksamkeit bekommen, beispielsweise beginnen zu schreien, zu drohen, zu stören, zu spucken und tun alles, um ihr „Territorium“ zu verteidigen und ihr Ziel zu erreichen. Auch außerhalb des Elternhauses werden nicht erlernte Grenzen überschritten.

Liebe Grüße,

Günther