Auch wenn ich viel erlebe, gibt es Situationen, da steigt in mir der Zorn hoch. So an einem vergangenen systemischen Training gegen Mobbing. Im Sesselkreis saß neben mir ein Mädchen und bereits bei der Vorstellungsrunde bemerkte ich, dass sie – wenn sie redete – am ganzen Körper zitterte. Die Lehrerin erklärte mir, dass dieses Mädchen ein „I-Kind“ sei. Das „I“ bedeutet hier Integration und Inklusion. Wie sich dann am Ende des ersten Tages herausstellte, war genau dieses Mädchen das Mobbing-Opfer. Ein jugendliches Mädchen, das sich nicht wehren kann, das nicht gut kommunizieren kann, was ihr passiert, das nur bedingt ihre Gefühle ausdrücken kann, das sich schwer Hilfe holen kann. Ich war echt wütend über die jugendlichen Mobber:innen. Dieses Mädchen schrieb mir dann diese Zeilen:

„Sehr geehrter Herr Ebenschweiger! Ich habe diese zwei Tage sehr interessant gefunden und ich habe viel Neues gelernt. Ich habe mich sehr gefreut, dass Sie bei uns waren und ich habe sehr viel Selbstvertrauen bekommen. Ich möchte noch etwas los werden: Ich wurde bereits in der 1. Klasse Volksschule stark gemobbt. Ich wurde beleidigt und auch getreten und mir wurden Sachen weggenommen. Dann wurde es ein bisschen besser und jetzt beginnt das Mobbing leider wieder. Sie haben mir beigebracht, dass jeder von uns besonders ist, egal wie man ausschaut. Aber auch, dass meine Freunde immer hinter mir sind und dass man sagen muss, wenn man gemobbt wird. Sie haben mir in den zwei Tagen gezeigt, dass man mit Freude durch das Leben gehen muss. Ich hoffe, dass die Klasse sich verbessert durch Ihre Hilfe. Ich danke Ihnen von Herzen dafür!“

Liebe Grüße

Günther