4. Juli 2023

Ich schäme mich so sehr

Eine junge Frau kontaktierte mich und bat mich um Hilfe. Sie sagte: „Ich schäme mich so sehr, weil mein Papa greift mir auf den Po und auf meine Brüste und fragt mich dauernd, ob ich schon mal Sex hatte und geht oft so nah an mir vorbei, dass er dabei meine Brust streift. Ich bin schon bei einer Therapeutin deswegen, aber ich möchte keine Anzeige machen, weil ich noch eine jüngere Schwester habe und ich Angst habe, dass wir dann von der Familie weg müssen. Vielleicht können Sie mir ja helfen? “Eine junge Frau wird von ihrem Vater sexuell belästigt, die Mama schaut zu und die Angst, dass die Familie zerstört wird, und das massive Schamgefühl hindern diese betroffene junge Frau – wie viele andere übrigens auch – daran, sich an offizielle Stellen zu wenden. So stärkend, berührend und erfüllend Nähe erlebt werden kann, so verletzlich sind Opfer beim Phänomen Scham. Wird das Vertrauen verletzt, kommt es zum Erleben von Scham in Form von Beschämung. Ein äußerst schmerzhaftes und bedrohliches Gefühl, das zu den großen Bedrohungen von Opfern gehört. Schon alleine sich einzugestehen, Hilfe zu brauchen, ist für viele Opfer ein beschämendes Gefühl. Es ist also ein beschwerlicher Weg, den ein Opfer gehen muss, bevor es den Schritt in die Öffentlichkeit wagt. Denn wenn es dies tut, muss es psychisch so stabil sein, um den damit verbundenen Druck aushalten zu können. Daher braucht es in Österreich rasch einen Perspektivenwechsel und zusätzlich zum Schutz von Gewaltopfern, einen Schutz von Frauen (und Kindern) vor Gewalt und der fehlt nach wie vor, obwohl es mit unserem niederschwelligen Präventionsprogramm „simple-help“ eine professionelle Antwort dazu gibt.

Liebe Grüße,

Günther