25. Februar 2024

Das Stockholm-Syndrom – wenn Mobbingopfer zu „Geiseln“ werden

Die vergangene Woche war wieder sehr intensiv. Mobbing-Präventions-Workshops in drei Klassen (darunter fünf Buben als massive Mobbingopfer), bei einer Lehrerfortbildung, bei einem Elternabend und jede Menge zusätzlicher Präventionsgespräche.

Mein Fazit für die Klassen war klar: sie befanden sich in einer fortgeschrittenen „Konsolidierungsphase“. Das heißt, es gibt 

  • ein ausgeprägtes Mobbing durch eine Mobber:innen-Gruppe (Mobber:in, 
  • Verstärker:innen, Assistent:innen),
  • die von Mobbing betroffenen Kinder,
  • den Rest der Klasse als Zuschauer:innen 
  • … und alle schweigen.

Ich redete mit jedem der betroffenen Buben und fragte sie „Wie geht es dir?“, „Seit wann werden schon Menschenrechte verletzt?“ und „Hast du mit jemandem darüber gesprochen?“.

Auf die Frage „Wie geht es dir?“ bekam ich interessanterweise von allen Buben die Antwort: „Es geht, ich habe mich schon damit abgefunden, regelmäßig beleidigt, geschlagen und ausgeschlossen zu werden!“.

Das klingt für mich nach einem Stockholm Syndrom. Das ist ein psychologisches Phänomen, wo es bei Geiseln zu einer speziellen Bindung zum:r Täter:in kommt, in diesem Fall zur Mobber:innen-Gruppe. Da alle schweigen, ist es für die Betroffenen ein wesentlicher Hinderungsgrund und praktisch unmöglich, sich aktiv zu wehren.

Dank einem Club der Soroptimist:innen, der die Kosten für die drei Workshops übernommen hat, konnte ich das Schweigen durchbrechen: tschüss Stockholm Syndrom! 

Ich werde mich weiterhin aktiv und intensiv für Kinder und Jugendliche gegen Mobbing und Gewalt einsetzen. Auch ohne finanzielle Unterstützung durch die Politik.

LG Günther