9. Mai 2024

Tapfer oder gebrochen

Die letzten beiden Wochen waren wieder hoch emotional. Es flossen viele Tränen bei den Schüler:innen, den Pädagog:innen und auch bei mir.

Bereits ab Beginn eines zweitägigen Trainings, lag durch das Interesse und ganz besonders die Offenheit der Jugendlichen so etwas wie ein Kribbeln in der Luft. Die Schüler:innen wurden schnell offener und begannen – mehr oder weniger ohne Vorwarnung – ihre Lebensgeschichten zu erzählen. Es wurde still im Raum, die ersten Tränen waren zu sehen, die Mädchen und Burschen rückten näher zusammen und viele gaben sich zum Trost spenden die Hände.

Dann begann eine Schülerin unter Tränen leise und fast nicht hörbar zu erzählen, dass sie bereits im Kindergarten wegen ihres Aussehens gemobbt worden ist. Praktisch täglich wurde sie gehauen, beleidigt, durfte nicht mitspielen und wurde ausgeschlossen.

Davon erzählte sie täglich unter Tränen den Eltern. Doch die taten nichts. Manchmal sagten sie, das Mädchen solle aufhören zu weinen. Die Situation wurde in der Volksschule noch schlimmer, und noch immer bekam sie keine Hilfe.

Mittlerweile weinten wir alle bei ihren Erzählungen. Doch der Höhepunkt war noch nicht erreicht, ehe sie sagte: „Eines Tages habe ich beim Nachhause gehen aufgehört zu weinen und als ich meine Eltern sah, sagte ich: ‚Mama und Papa, heute bitte ich euch stolz auf mich zu sein, weil ich nicht weine!‘ “

Die unermessliche Traurigkeit dieser Lebensgeschichte und gleichzeitig der Mut dieses Mädchen, das alles vor der Gruppe zu erzählen, sind nicht zu beschreiben. Ich bin dankbar und stolz auf diese jungen Menschen. Denn das wird vielen von uns helfen, in Zukunft empathischer, aufmerksamer, anerkennender, wertschätzender und gewaltfreier zu leben.

LG Günther